Donnerstag, 19. Mai 2016

Mein erstes Mal - Giro d´Italia Gran Fondo Vienna

Könnt Ihr Euch noch an Euer erstes Mal erinnern? 

Das erste Mal im Startblock Aufstellung nehmen? Das erste Mal über die Zeitnehmungsmatte rollen und am Edge die Starttaste drücken? An der ersten Versuch aus der langsamen Gruppe auszubrechen?
Das geile Gefühl gefinished zu haben?


Also erinnert Euch zurück, mir ging es am vergangenen Wochenende nämlich so und freu mir gerade wieder ein Schnitzel ab!



Giro d´Italia - Gran Fondo Vienna war es also! Mein erstes Mal Radmarathon/Radrennen/RTF. Benenn es, wie du willst, sobald Zeitnehmung im Spiel ist, ist es ein Rennen. Und wenn es nur ein Rennen gegen die Uhr ist, gegen die Zeit die man sich selbst auferlegt hat. 5 Stunden wollte ich brauchen! Das es für mich nach einem halben Jahr Rennradtraining und einem knappen Jahr Radfahren sowieso nur um die goldene Ananas geht, spielt dabei keine Rolle.

Die nackten Zahlen: Gran Fondo 133 km, ca. 1300 hm, über 600 Starter. Das ganze verpackt in eine KOMPLETT gesperrte Straße, also Bolzen ohne Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer. Eingeteilt im grauen Block, also dem hinteren der beiden Startblöcke ging ich am Sonntag den 15.05.16 an den Start meiner ersten Veranstaltung in dieser Größenordnung.

Die Strecke in der Übersicht - raus nach Norden, rauf auf die "Berge" und dann ab ins flache Land!

Ich bin vorher maximal in einer Gruppe von 25 Leuten unterwegs gewesen. Komplettes Neuland also für mich. Vorteil bei diesem Event ist ganz klar die neutralisierte Startphase hinter dem Führungsfahrzeug. Schon alleine aufgrund der Runde um den Ring, welche mit Straßenbahnschienen, Verkehrsinseln und schlechter Sicht nach vorn aufgrund des dichten Gedränges bestimmt kein Zuckerschlecken wäre, wenn alle von Anfang an Gas geben, war ich froh das es halbwegs gesittet die ersten 20 Kilometer raus aus der Stadt geht. 

Vorbei am Hohen Haus und vielen anderen Sehenswürdigkeiten!
Die erste halbe dreiviertel Stunde ein Traum, Start am Messegelände geht es über die Praterhauptallee vorbei am Riesenrad auf die berühmte Ringstraße - Parlament, Wiener Radhaus, Staatsoper, Burgtheater usw. usw. (für die Richtigkeit der Reihenfolge übernehme ich keine Haftung :D ) um danach entlang der Donau flußaufwärts Richtung Klosterneuburg Wien zu verlassen. Im Pulk habe ich mich sehr weit nach vorne gekämpft, aber meine Einteilung des Rennens kostete mich etliche Plätze, dazu später mehr.

Dort erfolgt der eigentlich Start des Rennens. Und es geht gleich gut los mit der unter Wiener Rennradlern berühmten Holzgasse. Schneidige 18 Prozent und das gleich zu Beginn fordern hier schon die ersten zum Schieben auf. Ich habe in der Vorbereitungsphase eine Strecke mit fast identischem Profil daheim gefunden und zu Trainingszwecken etliche Male gefahren. Ich habe mir für den Abschnitt eine Zeit von um die 9:30 vorgenommen, bin mit 9:19 oben rausgekommen und hab mich super gefühlt. Danach gehts relativ gemütlich übers Hadersfeld runter zur ersten Abfahrt. Entlang des Tullner Feldes dann wieder rauf zum Tulbinger Kogel, damit erreicht man auch schon den höchsten Punkt der Strecke und es geht nach der nächsten Abfahrt raus in den Wind.

Hier muss ich gleich dazusagen, das ich so einen Wind noch nicht erlebt habe. Selbst die ortsansässigen Fahrer haben bestätigt, das das auch nicht der Normalzustand ist.

Nach der Abfahrt kam die erste Labestation, welche ich ausgelassen habe. Ich hatte zwei Trinkflaschen dabei, hatte bis dorthin eine verbraucht und mir die zweite bis zur zweiten Labe eingeteilt. Gels und Riegel hatte ich 10 im Trikot, geplant hatte ich alle 30 Minuten einen. Zwei sind übrig geblieben, war auch so ok. Der Plan ging gut auf und ich hab etliche Plätze gutgemacht. 

Bis hierhin (wir sind bei Kilometer 60 angekommen) habe ich mir die Kräfte wirklich relativ gut eingeteilt. Powermeter hab ich (noch) nicht und ich fahre nach Puls. Klar, die Aufregung hat den Puls von Anfang an um 10 Punkte nach oben getrieben, dazu kam noch es war relativ kalt und ich mit Ärmlingen, Beinlingen und Windweste über dem Trikot für meine Verhältnisse warm eingepackt. Bin eher so der Extremschwitzer. Wenn ich dann beim Radfahren so angezogen bin, steigt der Puls nochmal bei mir. Laut Strava war ich fast 3 Stunden im Anaeroben Bereich, was ich mir nur durch den Hitzestau (führt bei mir zu höherem Puls) oder durch komplette Verschiebung der FTP erklären kann. Näheres kann ich wohl nur durch eine erneute Leistungsdiagnose feststellen.

Die Auffahrt zum Tulbinger Kogel mit Blick ins Tullner Feld

Im leicht welligen Tullner Feld ging es durch kleine Ortschaften, Felder, über Hügel und noch mal gute 55 Kilometer gegen den Wind! 

Und hier offenbarte sich mein nicht bedachtes Problem: Ich habe bei den Anstiegen die "schnellen" Fahrer alle ziehen lassen und hing nun mehr oder weniger im hinteren Drittel des Feldes etwas in der Luft, was eine schnelle Truppe anging. Ohne Übertreibung habe ich mehr Führungsarbeit geleistet als mir lieb war, ich wollte eigentlich eher im Windschatten lutschen als selbst welchen zu geben. Nur leider wurde es meist nach einem Wechsel sehr, sehr langsam in der Gruppe und der Schnitt von 34-36 fiel auf unter 30 km/h.

Was bleibt einem also übrig? Richtig: Unterlenker und Kette rechts. Wahrscheinlich war es das Adrenalin oder meine pure Dummheit, die mich zu drei Ausreißversuchen getrieben haben. Es hat mich dann in Summe ca. 20 Kilometer Kampf gegen Wind gekostet, um endlich meine Wegbegleiter für den Rest des Rennens zu treffen. Wie ein grün-weisser Blitz tauchte er vor mir auf und ich hab mich drangehängt. Endlich ein Lichtblick, ein Fahrer, der ordentlich HZug auf der Kette hat. Kurz noch zu dritt haben wir den anderen Kollegen relativ schnell verloren. Von da an gings ab und wir haben uns wirklich gut abgewechselt und Tempo gemacht. Nur ein kurzer Stopp an der zweiten Labestation hat uns aufgehalten, danach sind wir quasi ins Ziel geflogen. Danke an dieser Stelle noch mal an Herwig, seines Zeichens ein 57er Baujahr und verdammt schneller Rennradfahrer! Mit Herwig zusammen habe ich im letzten Split des Rennens noch 80 Plätze gutmachen können.


Ca. 20 Kilometer vor dem Ziel - hinter mir Herwig!

Dies zeigt mir, das im Falle einer schnelleren Truppe ich auch eine noch bessere Zeit/Platzierung herausfahren hätte können. Aber hätte hätte Fahrradkette! Im Nachhinein ist man immer schlauer.

Ich habe mir für die gesamte Veranstaltung eine Zielzeit von unter 5 Stunden gesetzt. Geworden ist es eine Zeit von 4:39:53. Für "The real Gran Fondo" also den Abschnitt nach dem neutralisierten Start 3:37:39 mit einem Schnitt von 29,4 km/h bei über 1.300 Höhenmetern. Platz 309 bzw. 105 in meiner AK machen mich mehr als happy!

This is the finish, but not the end!         

Kurzes Fazit: Jederzeit wieder Gran Fondo Vienna, super Kulisse, gute Orga, fairer Preis.
Auf jeden Fall ein Hotel in der Nähe des Startes suchen in so einer großen Stadt wie Wien, U-Bahnfahren ist nicht so prickelnd und durch Wien mit dem Rennrad wäre für Ortsunkundige eher Selbstmord!

Und das Rennradfieber hat mich mehr denn je!

Die Anmeldung für 2017 habe ich schon erledigt, vielleicht sieht man sich ja! Hier gehts zum Early Bird-Angebot

Mittwoch, 18. Mai 2016

Bikefitting - Tut es!

Bikefitting? Für Hobbyradler? Ist das nicht übertrieben?

Ich hoffe die Frage erübrigt sich, nach dem Ihr meinen Bericht gelesen habt.

Bereits beim Kauf des Renners habe ich mir die Frage gestellt, ob denn da alles so passt, wie es vom Verkäufer eingestellt wurde. Klar, man vertraut dem kompetenten Typen im Radgeschäft seines Vertrauens, der alles nach bestem Wissen und Gewissen einstellt. Andererseits kann sich keiner im Einzelhandel über 1 1/2 Stunden Zeit nehmen, wenn andere Kunden auch noch bedient werden wollen.

So wird die Schrittlänge vermessen, der Sattel eingestellt, die Schuhplatten montiert, wenns hoch kommt noch der Vorbau getauscht, ein paar Runden ums Geschäft gedreht und der Krempel eingepackt, weil man eh nur mehr rauf will auf den neuen Bock! 

So oder so ähnlich wird es wohl schon einigen ergangen sein.

Nach ca. 1000 Kilometern auf dem Renner und einigen eigenen Versuchen, das Rad einzustellen habe ich mich dann doch zu einer professionellen Anpassung des Rades hinreissen lassen.
Ich hatte keine gröberen Probleme, weder Knieschmerzen noch taube Zehen, jedoch in "sportlicherer" Sitzposition immer wieder das Gefühl, mich zu sehr strecken zu müssen. Ich habe das ganze einfach umgangen, indem ich fast nur am Oberlenker gefahren bin und den Unterlenker komplett vermieden habe.

Also eine Fitter in der Nähe gesucht und auch fündig geworden. Rupert Probst ProPhysio - Physiotherpeut und zufälligerweise auch noch Bruder von Stefan Probst, seines Zeichens Chef von Airstreeem, also "Heimvorteil" auf ganzer Linie.

Termin ausgemacht und nach gut 2 Monaten war es dann so weit. 

Gebucht wurde von mir das Paket "Sitzpositionsanalyse - Pro I" und Paket "Pro Fuß".

Mitzubringen waren das Rad, die Schuhe, eventuell neue Schuhplatten, Radbekleidung und eine gute Portion Zeit! Das ganze hat bei mir über 1 1/2 Stunden gedauert.

Umso erfreulicher das das ganze Prozedere mit einem netten Plausch und einem Kaffee beginnt.

Als erstes wird der Bewegungsapparat gecheckt - Beweglichkeit der Wirbelsäule, wie sieht es mit den Knien aus, dreht das Becken nach aussen, wie ist es um das Fußgewölbe bestellt? Durch den Physio-Background achtet Rupert auch auf die Details.

Wie man gut erkennen kann, dreht mein rechter Fuß nach aussen, was mit dem Becken zusammenhängt. Kein Problem, solange es keine Beschwerden gibt. Die schmutzigen Socken NICHT beachten! ICH SAGTE NICHT BEACHTEN!!


Die ersten Einstellungen werden an den Schuhen gemacht, um quasi die Verbindungsstelle zwischen Fahrer und Rad optimal einzustellen. Wie sich bei mir herausgestellt hat, drehen meine Beine etwas nach aussen und zwar um ca. 15°, zugleich wird am angezogenen Schuh der ideale Punkt über der Pedalachse eruiert, um den bestmöglichen Druck auf die Pedale zu bringen.

Wenn die Schuhplatten dort sind, wo sie sein sollen, geht es erst mal zum Rad selbst. Dies wird auf ohne Laufräder auf einen Ergometer montiert. Rupert nimmt erst mal den "Ist"-Zustand auf und überträgt alle Daten in den PC. Danach wird mal aufs Bike gestiegen locker gekurbelt. Im Zuge dessen fragt er allerhand nach, worauf man selbst ein Augenmerk legt beim Biken, wie man meistens draufsitzt, wo fährt man hauptsächlich usw. usw. Während man also gemütlich dahintretet, beobachtet Rupi den ganzen Ablauf von allen Seiten. Sein geschultes Auge erkennt gleich, ob der Sattel etwas zu hoch oder zu niedrig ist.

Vorher - Bein fast durchgestreckt -> Sattel zu hoch, Hände am Oberlenker -> Bremsgriffe sehr weit vorne
Also erst mal runter und Sattel eingestellt. Ein paar Millimeter runter und ein paar nach vorne, so weit, so gut. Dann geht es ans "Knie-Lot", vermessen wird auch hier mittels Linienlaser, Winkellehre uswvermessen und es geht ans "Knie-Lot". Schon nach kurzer Zeit auch hier eine Veränderung und wieder in Richtung Lenker. Demnach bin ich bis dato einfach zu weit hinten gesessen und konnte den Druck gar nicht so richtig aufs Pedal bringen.

Schon jetzt habe ich das Gefühl, besser und komfortabler auf dem Rad zu sitzen. Eins meiner kleinen Problemchen war bis dato immer, dass ich auf dem Sattel nach vorne gerutscht bin, was mir auf Dauer etwas Druck auf die Weichteile aufgebaut hat. Nicht extrem, aber immerhin soviel, um regelmäßig das Bedürfnis zu haben, mit dem Hintern auf dem Sattel zurück zu rutschen. Eine Kleinigkeit, aber nervig.

Wieder heißt es Treten und den Fortschritt erfahren bzw. zu erfühlen. Je besser man Rupi Feedback geben kann, um so besser wird das Ergebnis.

Weiter geht’s mit dem Lenker. Die Sattelüberhöhung von 7cm hat bei mir gepasst und entspricht der Beweglichkeit meiner Lendenwirbelsäule. Bei den Pros dürfen es übrigens auch mal 10cm und mehr sein.

Mit einem speziellen verstellbaren Vorbau geht es nun daran, die optimale Länge heraus zu finden. Da ich wie oben schon beschrieben das Gefühl hatte, zu gestreckt auf dem Rad zu sitzen, hat sich Rupert gleich dazu entschlossen, 2 Zentimeter weniger einzustellen und mich Probe sitzen zu lassen.

Der Profi hat das Auge und sofort fühlte ich mich pudelwohl auf dem Rad. Nach mehreren Minuten und Nachmessen mittels Winkellehre hatte Rupert noch die Idee, die Schalthebel ein Stück nach hinten zu versetzen, um mit den Händen noch „satter“ abstützen zu können. Absolut feines Gefühl, der Rücken und der Nacken sind entlastet, der Druck geht mehr über die Arme und Schultern und durch den Optimierung des Lenkerstandes ist auch der Unterlenker nun wesentlich bequemer zu greifen und ich rutsche nicht so leicht ab.

Gleichzeitig gingen die Schalthebel im Winkel etwas nach Innen. Der Hintergrund ist eigentlich sehr logisch: legt die Unterarme locker auf den Tisch, sofort kippen die Hände nach innen. So ist die Haltung wesentlich natürlicher, wenn die Schalthebel nicht senkrecht montiert sind.
Der Riesen-Vorteil wenn man in der Airstreeem-Zentrale ein Bikefitting machen lässt, das die passenden Teile gleich zur Verfügung stehen und ich sofort mit einem um 2 Zentimeter kürzeren Vorbau nach Hause gefahren bin!

Nachher - Kniewinkel stimmt, Haltung wesentlich lockerer, Winkel in Ellbogen passt

Die nackten Zahlen:


Nach einigem Feintuning in etlichen Richtungen, baut Rupert das Rad fertig zusammen und den ersten Kilometern auf dem „gefitteten“ Bike steht nichts mehr im Weg!

Schon auf den 11 Kilometern heim ist der Unterschied mehr als spür- und erfahrbar. Mehr Druck auf die Pedale, wesentlich mehr Kraft aus den Oberschenkel, Sitzpositionen allesamt angenehm, egal ob aufrecht am Oberlenker, sportlich an den Schalthebeln oder aggressiv am Unterlenker.

Fazit: Wer noch kein Bikefitting hat machen lassen, sollte sich bei der nächsten Anschaffung von „unbedingt notwendigen“ Technikspielereien oder einer neuen Garnitur Radbekleidung überlegen, ob er 100% zufrieden mit der Sitzposition ist oder ob der vom Radversender erstandene Renner nicht noch optimierbar wäre, was die Haltung betrifft. Schließlich verbringen wir mehrere hundert Stunden im Jahr auf dem Rad! Für mich absolutes Muss und wird in Zukunft bei jeder Neuanschaffung eines Rades in den Kaufpreis miteingerechnet!







Macht es, es lohnt sich!



Wie es mir bei dem ersten Härtetest gegangen ist, erfahrt ihr im Bericht zum Gran Fondo Vienna!
Demnächst hier!